„Werner Aisslinger ist der Gestalter ohne Pause“ titelte die Berliner Morgenpost Anfang des Jahres. Knapp sechs Monate später sitze ich im Besprechungsraum des Studio Aisslingers unweit des Berliner Bahnhofs in einem 500 Quadratmeter großen Industrieloft, besser gesagt, einem bunten Biotop für Designer.
Einige Prototypen stehen herum, die man, sofern auch nur etwas Interesse für Produktdesign vorhanden ist, von irgendwoher kennt. Verschiedene Neonschriftzüge wie UTOPIA, FARMING, NATURE und STORY TELLING leuchten über den Arbeitsplätzen der Mitarbeiter Aisslingers, die auch nach 19 Uhr noch an Zeichnungen für die vielen anstehenden Projekte sitzen.
Werner Aisslinger ist gerade in Berlin Tegel gelandet und in wenigen Minuten da. Ohne Pause eben, denke ich. Seit über 20 Jahren leitet er eines der größten Designbüros Europas. Bekannt geworden Anfang der 90er Jahre durch klassisches Autorendesign, sind Aisslingers Designs inzwischen weltweit zu finden: in Malls, in Hotels, im New Yorker MoMA mit dem berühmten „Juli Chair“ und bald auch auf dem Luxusliner Mein Schiff 2. Im Bikinihaus wurde jüngst der Foodmarkt Kantini eröffnet, sozusagen eine ganze Aisslinger Welt.
Aisslinger begrüßt mich mit einem Lächeln, als würden wir uns schon länger kennen, und entschuldigt sich für seine Verspätung. Relativ schnell, ohne Pause, sind wir schon mitten im Gespräch. Wir sprechen über Motivation, besser gesagt, wie man sich auch nach Jahrzehnten noch selbst motivieren kann. Und über Inspiration. Seit 31 Jahren lebt Aisslinger nun schon in Berlin, eine lange Zeit, und er sei bis heute von der Stadt und deren Power und Dynamik begeistert. Allein die Freiräume, die es hier immer noch gibt, schätze er sehr. Man müsse sich nur mal Büros in Paris und London anschauen und wüsste sehr schnell, wie großartig Berlin ist. Berlin sei schon immer anders, unkonventionell eben, so Aisslinger.
Auf die Frage, was an dem Foodmarkt Kantini so besonders ist, holt Aisslinger aus. Sein Studio habe im Kantini mehrere Welten zusammengebracht. Einerseits ging es ihnen immer um Experience, die gleichzeitig überrascht. Und sie wollten Räume schaffen, die auch digital funktionieren. Stichwort: „instagrammable architecture“. Denn man könne es sich in unserem digitalen Zeitalter nicht mehr erlauben, Räume zu gestalten, die visuell nicht spannend sind: Kantini sei eine farbenfrohe Welt mit seiner schönen Loggia, vielen Pflanzen, direktem Blick in den Zoo, einer Piazza und eigenen Möbeln, die sie selbst gestaltet haben.
So hat Studio Aisslinger die Welt des Zoos mit der Kulinarikwelt verbunden und eine perfekte Symbiose geschaffen. Das Leben sei doch wie eine Collage, die sich im Lauf der Zeit immer mehr entwickelt. Ähnlich gehen sie bei der Gestaltung von Räumen vor. Wie ein Kurator oder guter DJ, der Platten miteinander mixt und daraus einen endlosen Track macht. „Form follows function“, jener Designleitsatz funktioniere schon lange nicht mehr, erklärt Aisslinger.
Knapp eineinhalb Stunden später, ein paar Mitarbeiter sitzen immer noch vor ihren Rechnern, endet unser Gespräch. Werner Aisslinger müsse noch kurz etwas besprechen. Es ist halb neun. Draußen stürmt es. Ohne Pause eben. Und immer motiviert.
Bilder: Portrait Werner Aisslinger: Steffen Jänicke; Kantini: Patricia Parinejad